Steinwenders Spieleküche

 

Arno Steinwender, einer der erfolgreichsten österreichischen Spieleautoren, erzählt im Interview, wie Spiele in seinem Kopf entstehen, wie das mit seinem Brotberuf zusammengeht und welche Entwicklungen er bei Brettspielen erwartet.

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Arno Steinwender: „Es gibt kaum einen Tag in meinem Leben, an dem nicht ein Gedankenblitz für ein neues Spiel meinen Kopf streift.“

Mathe- und Physiklehrer stehen im Ruf, eher trockene Gesellen zu sein. Der Wiener AHS-Pädagoge Arno Steinwender (40) wird diesem Vorurteil ganz und gar nicht gerecht. Wann immer er sich nicht gerade mit Wurzelziehen oder Kurvendiskussionen befasst, erfindet er Spiele. Beim Autofahren, Duschen, Kaffeetrinken, Jonglieren oder Gitarre spielen, und manchmal sogar während des Unterrichts. Stets sind Steinwenders Spiele kreativ und amüsant und manchmal auch ein bisschen exzentrisch. Im Magazin-Interview gewährt der Spieleautor einen Blick hinter die Kulissen.

 

Wie kam es zu Ihrem ersten Spiel und worum ging es dabei?

„Ich habe als Student meine Liebe zu Brettspielen neu entdeckt und kam schließlich auf die Idee, mich selbst als Autor zu versuchen. 2004 kam dann mein erstes Spiel „Venga-Venga!“ auf den Markt. Bei diesem helfen die Spieler dem Tierarzt, alle Tiere am Bauernhof zu impfen. Die niedlichen Spielfiguren werden durch Würfel bewegt, und wenn ein Tier gefangen wird, darf in den Impfpass gestempelt werden. Ich war selbst am meisten überrascht, dass gleich mein allererstes Spiel mit einem Spielepreis ausgezeichnet wurde. Kurz darauf kam mit „Pssst!“ auch schon mein erstes Spiel bei Piatnik.“

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2005 erschien Arno Steinwenders erstes Piatnik-Spiel unter dem Titel „Pssst!“

Wenn Sie die Inspiration für ein Spiel haben, wie geht’s dann konkret weiter?

„Manchmal inspiriert mich ein Gegenstand, ein Spielzeug oder eine Beobachtung zu einem Spiel. Oft geht es dann einfach so weiter, dass ich mit Bierdeckeln herumwerfe oder Dinge über den Tisch rollen lasse. Bald danach setze ich mich an den Computer und gestalte einen einfachen Spielplan oder Karten, damit ich testen kann, ob die Idee auch so viel Spaß macht, wie ich mir das in meinem Kopf vorstelle.“

 

Viel häufiger als früher werden Spiele heute im Team erfunden. Welche Vorteile bringt das?

„Auch ich habe die meisten meiner Spiele mit mindestens einem Co-Autor entwickelt. Das macht einfach mehr Freude, z.B. beim gemeinsamen Brainstormen, bringt aber auch mehr Verbindlichkeit, zügig an der Idee weiter zu arbeiten. Sollte sich dann während des Testens herausstellen, dass man in eine Sackgasse navigiert, so findet man im Team auch wesentlich leichter einen Ausweg.“

 

Wie bringen Sie die Autorentätigkeit mit Ihrem Hauptberuf als Lehrer und der Arbeit als Spielejournalist unter einen Hut?

„Mit der Zeit wird es oft recht eng. Der Beruf des Lehrers lässt es aber zu, dass ich in gewissen Phasen des Schuljahres oder in den Ferien mehr Zeit in meine Spiele-Entwicklungen investieren kann. Aus meinem Nebenberuf als Spielejournalist habe ich mich zurückgenommen. Ich beschränke mich da auf das Koordinieren der Berichterstattung von www.spieletest.at.“

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Bei Piatnik veröffentlichte Steinwender gemeinsam mit Co-Autor Christoph Puhl zuletzt das Detektivspiel „Tom Turbo – Jagd auf Fritz Fantom“

Wie hoch würden Sie den Anteil des Autors am Erfolg eines Spieles sehen? Und wie hoch ist der Anteil von Redaktion und Verlagsmarketing?

„Besonders Autor und Redakteur, aber auch das Marketing, müssen gut zusammenarbeiten, um ein Spiel zum Erfolg zu machen. Ohne eine gute und möglichst neuartige Spielidee gäbe es keine neuen Spiele. Ohne einen guten Redakteur würden die Spiele wiederum nicht schön aussehen und wohl die eine oder andere Regellücke oder eine schwer verständliche Spielanleitung haben. Ein missglücktes Marketing kann aber auch ein noch so gutes Spiel zur Enttäuschung werden lassen. In Prozenten würde ich aus meiner Sicht sagen: Autor 40%, Redakteur 35% und Marketing 25%.“

 

 

Welche Entwicklungen im Bereich der Brett- und Kartenspiele erwarten Sie in den kommenden fünf bis zehn Jahren?

„Ich denke, dass Gesellschaftsspiele umso mehr Aufschwung bekommen, desto mehr wir uns mit Technik umgeben. Wenn der Fernseher, die Spielekonsole, der Kühlschrank und der Toaster mit mir sprechen, wird das Bedürfnis nach tatsächlichem menschlichen Kontakt immer größer. Und was eignet sich da besser, als gemeinsam ein Spiel zu spielen?

Die Schere bei der Komplexität der Spiele wird wohl noch weiter auseinandergehen. Sehr einfach zu erklären und schnell zu spielen auf der einen Seite, und komplexe Spiele mit einem ausführlichen Regelwerk auf der anderen Seite.“

 

Welches Spiel dürfen wir von Ihnen als nächstes erwarten?

„Nachdem 2016 Spiele von mir in Frankreich und Russland erschienen sind, wird es im heurigen Jahr auch in Österreich wieder einiges von mir zum Spielen geben. So bringt zum Beispiel Piatnik unter dem Titel „Das Spiel mit dem Essen“ ein Spiel von mir zum Thema richtige Ernährung auf den Markt.“
 

Wer noch mehr über Arno Steinwender und die Kunst des Spielerfindens erfahren möchte, sollte am besten mit dem Autor ein Spielchen wagen. Denn schon seine Homepage (www.arnosteinwender.com) empfängt einen mit Platons Zitat: „Beim Spiel kann man einen Menschen besser kennenlernen als im Gespräch in einem Jahr“.