Magazin - Ratgeber
Wie Kinder spielend verlieren lernen
Wie lehrt man Kindern, dass Verlieren zum Leben dazugehört? Und ist „gewinnen lassen“ die richtige Lösung?
Wer kennt das nicht: Man sitzt am Sonntagnachmittag gemütlich zusammen und spielt ein Spiel gemeinsam mit den Kindern. Plötzlich wird klar, dass der Jüngste verliert und sogleich fliegt das Spielbrett mit all seinen Figuren und Karten darauf quer durch den Raum.
Es folgt ein lautstarker Wutausbruch, danach ein Meer an Tränen. Wie geht man mit dieser oder ähnlichen Situationen um, wie lehrt man Kindern, dass Verlieren zum Spielen dazugehört?
Verlieren Lernen ist ein wichtiger Schritt in der Entwicklung eines Kindes.
Verlieren muss gelernt sein
Zunächst einmal muss man wissen, dass Verlieren nicht in der menschlichen DNA verankert ist. Nicht nur Kindern fällt es schwer, eine Niederlage hinzunehmen. Auch mancher Erwachsene kämpft nach wie vor damit. Entscheidend darüber, wie gut oder schlecht jemand verlieren kann, ist das eigene Selbstwertgefühl. Je stärker es ausgeprägt ist, desto leichter steckt man negative Erfahrungen weg. Denn dann ist einem bewusst, dass man als Mensch angenommen und seiner selbst wegen geliebt wird, nicht aufgrund erbrachter Leistungen.
Je früher die Kleinen lernen mit Niederlagen und Enttäuschungen umzugehen, desto leichter werden sie es im späteren Erwachsenenleben haben. Wird ein Kind erstmals im Spiel mit Gleichaltrigen mit dem Thema Verlieren konfrontiert, könnten sich weitere negative Erfahrungen dazugesellen. Beispielsweise weil die anderen Kinder den Ärger des Verlierers lustig finden und ihn zusätzlich damit aufziehen.
Das Spielen übt soziale Kompetenzen - sowohl beim Gewinnen als auch Verlieren.
Tipps und Tricks
Damit der Spielenachmittag ein Spaß für die ganze Familie bleibt, heißt es also auch die Jüngsten so früh wie möglich ans Verlieren heranführen. Das klappt natürlich nicht gleich beim ersten Mal und erfordert einen langen Atem – aber es lohnt sich.
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Altersgerechte Spiele spielen
Beim Spielen mit Kindern sollten alle die gleiche Gewinnchance haben. Der Schwierigkeitsgrad und die Komplexität des Spiels sollten dabei unbedingt auf die individuellen Fähigkeiten und das Alter des Kindes abgestimmt sein. Ist von Vorneherein klar, dass das Kind gar keine Chance hat zu gewinnen bzw. mit den Regeln überfordert ist, dann wird es auch sehr bald keinen Spaß mehr daran haben und aufhören wollen.
Darüber hinaus gibt es auch Spiele, in denen Kinder Erwachsenen überlegen sind, Memo-Spiele beispielsweise. Ideal ist ein guter Mix an unterschiedlichen Spielen, in denen Kinder und Erwachsene gleichermaßen gewinnen und verlieren.
- Langsam an Spielregeln heranführen
Besonders ganz kleine Kinder können sich anfangs nicht alle Spielregeln gleichzeitig merken. Erwachsene sollten es daher nicht ganz so streng nehmen und stattdessen lieber nach und nach weitere Regeln ins Spiel einbringen. Dann klappt es früher oder später auch mit dem regelkonformen Spielen.
Kinder merken schnell, wenn geschummelt wird, lässt man sie gewinnen, fördert das nur Frustration und Zweifel.
- Nicht gewinnen lassen
Wer Kinder permanent gewinnen lässt, tut ihnen damit nichts Gutes. Für den Moment scheint zwar alles in Ordnung zu sein, aber langfristig ist es eher nachteilig für das Kind, es kann auf diese Weise nichts lernen. Zudem merkt es oft sehr rasch, dass Mama oder Papa schummeln, um zu verlieren, und so macht das Gewinnen gleich viel weniger Spaß.
- Rahmenbedingungen beachten
Ist das Kind müde, hungrig oder gestresst, so ist es nicht besonders ratsam, mit einem Spiel zu beginnen. Spielen erfordert Konzentration, und die Frustration im Falle einer Niederlage wäre viel höher als im Normalfall. Dann ist es vielleicht besser, in aller Ruhe ein Buch zu lesen oder spazieren zu gehen.
- Gefühlen freien Lauf lassen
Kinder reagieren ganz unterschiedlich, wenn sie verlieren: schreien, weinen, treten, wild herumlaufen, auf den Boden werfen oder um sich schlagen… Eltern sind gut beraten, wenn sie sehr starken Emotionen vorerst keine allzu große Beachtung schenken, aber Verständnis für den Ärger zeigen. Beruhigt sich das Kind nach einer Weile wieder, kann man versuchen über das Spiel zu sprechen, Tipps für die nächste Runde geben und aufmunternde Worte aussprechen, wie „Nächstes Mal klappt‘s sicher besser“.
- Plan B
Sollte es mit dem Verlieren nicht so gut funktionieren, können Kooperations- oder Rollenspiele weiterhelfen. Während man bei Kooperationsspielen gegen einen gemeinsamen „Gegner“ spielt und damit alle gleichzeitig verlieren oder gewinnen, helfen Rollenspiele dabei, in unterschiedliche Charaktere hineinzuschlüpfen. Heute ist man der starke, tapfere Prinz, morgen der sich unterwerfende Diener.
Auch Erwachsenen fällt es schwer zu verlieren, man lernt aber mit der Zeit, mit Niederlagen umzugehen.
- Vorbild sein
Wie in so vielen Situationen im Leben lernen Kinder auch während des Spielens sehr viel durch Beobachten. Eltern sind daher beim Spielen große Vorbilder. Gehen sie fair und gelassen mit einer Niederlage um, oder ärgern sie sich selbst maßlos und lautstark? Daran wird sich letztlich auch das Kind orientieren.
So endet der nächste Spieletag mit einem Lächeln und nicht mit Tränen.
Richtig Verlieren will gelernt sein.